Donnerstag, März 16, 2006

Lebenszeichen

Ja, uns gibt es noch! Und gut gehen tut es uns auch. Zumindest den Umständen entsprechend. Denn momentan stehen gerade Prüfungen an, mitunter eine sogenannte "take home exam". Das bedeutet dass wir nun ein paar Tage (bis nächsten Mittwoch) Zeit haben, 4 Fragen auf je 2 Seiten zu beantworten. Mit Quellenangaben und allem was dazu gehört. Gut um was zu lernen, schlecht für tendenziell Party präferierende Austauschstudenten mit einem Hang zu einer "In letzter Minute noch alles hinwurschteln"-Doktrin.

Das kriegen wir schon hin. Dann haben wir auch wieder Zeit, den Blog hier zu hegen und zu pflegen wie er eigentlich verdient hätte. Mit Fotos und so. Konstante Aktualisierungen für einen informativen Hochgenuss auf dieser Seite wird es wohl aber leider nicht geben, hierzu läuft einfach zu vieles rund herum.

Aber apropos Konstante: Einige Konstanten konnte ich hier in Schweden bereits ausfindig machen, die sich durch das nicht gerade immer den Gewohnheiten entsprechende schwedische Leben hier ziehen:

- Wir müssen immer auf den Bus rennen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wir haben eine riesige Wanduhr mit einem Durchmesser von mindestens 40cm, die dazu noch ein paar Minuten vor geht. Dennoch: Kaum ein Verlassen des Hauses mit erhöhtem Adrenalinspiegel und stressverzerrtem Gesicht inklusive dem Hochleistungs-den-Schneehügel-Rauf-Lauf zum Bushaus, da geht die Luft aus.

- Die Clubs schliessen hier alle um 2h00. Keine Ausnahme die hier die Regel bestätigen muss. Weil es ist einfach so. Punkt. Da kann man sich als "naja mal gegen halb eis mal in den Club rollen" Gewohnheitstier ganz schön schneiden. Aber Innovation als Leitgedanke an der Uni schwappte natürlich auch auf die Individuen dieser Institution über, was in sogenannten "after parties" resultiert. Die gehen länger jeweils. Konstante hier: Immer eine ruinierte Küche in einer Studiwohnung. Uns hats noch nicht getroffen. Uff.

- Dienstag, Donnerstag und Sonntag Abend ist Unihockey (engl: floorball; swed.:innebandy) angesagt. Zumindest für Urs. Mittwoch, Freitag und Samstag sind Tage des Ausgangs.

- tiefe Temperaturen. Konstant und verbissen unter Null - zumindest in der Nacht. Meistens zeigen die mit mahnend leuchtend roten Leuchtioden ausgestatteten Informationsanzeigen nebst der Zeit auch das an, was man ohnehin am eigenen zitternden Leibe erfährt: Es ist kalt. Wenn jedoch die Sonne scheint und man nicht gerade in einem Luftzug steht, kann es ganz angenehm sein. Oder mit einer dicken Jacke inklusive Schal und Mütze.

- Blandsaft. So nennen die Schweden Sirup. Stammgetränk, Durstlöscher und günstiger Lebenssaft in einem. Ausnahmen: Siehe zwei Punkte weiter oben.

Wer jetzt brüllt "Ja aber Halt! Was ist mit Kräftost?!" dem sei geraten: Hinsetzen. Denn obwohl es blasphemisch anmutet ist der noch kürzlich sakrale Streichkäse untergegangen. Kaum mehr ein Abend (kväll) mit einer traditionellen Polarbröden-Session mit dem Raufschmieren von reichlich Kräftost. Was aber konstant in unserem Fressreservoir anzutreffen ist, nennt sich Polarbröd. Mhh.

So, die letzten Sätze haben mich nun hungrig gemacht, womit ich eine gute Ausrede für das Schliessen dieses Textes gefunden habe. Ich danke allen aktiven Lesern und sonstigen Verirrten für das Interesse an unserem hoffentlich bald regelmässiger aktualisierten Blog und wünsche "god kväll!".


UL

Montag, Februar 06, 2006

JIBS: Pérolles II des Nordens?

Nun, gewisse Themen kommen wohl nicht in Gefilde des Interesses all unserer Leser zu liegen wie auch ein Hase nicht in jedem Wald hoppeln kann. Letztere vierbeinigen Felldingens haben wir übrigens im anliegenden Wald hinter unserem Zuhause, deshalb die gesuchte Verbindung.

Jedenfalls hat sich die Sonne schon vor Stunden hinter dem Horizont verkrochen, nicht ohne jeweils den Himmel in beeindruckenden Farbkombinationen erscheinen zu lassen. Der Abwasch ist ebenfalls gemacht, die aufgebrummten Hausaufgaben in einem persönlichen Kompromiss beiseite gelegt. Zeit zum Bloggen. Das Thema: wie eingangs erwähnt weder ein Fotoschwall von heissen blonden Schwedinnen noch ein Abenteuerbericht der in Sachen Brisanz und Wortgewalt einer Verfilmung bedürfte. Nein, ich schreibe heute ein wenig über unsere JIBS, die Jönköping Inernational Business School. Dann haben wir das formale auch abgehakt und ein gutes Gewissen wenn in Zukunft nur noch Einträge folgen, welche obriger Beschriebung entsprechen..

Aber Fotos gibt es. Und gleich zu Beginn zwei:

Die JIBS - einmal im innern des Kreises, einmal von aussen her fotografiert - von Westen her glaube ich.

Fakten gibt es keine. Ist ja ein Blog. Und ein solcher ist zu aller erst mal subjektiv und emotional gefärbt. Wie die News auf RTL2 oder Stammtischargumente. Fakten gibt es auf der offiziellen Uni Homepage, auf Schwedisch. Und auf Wunsch auch Englisch. Den Link findet man rechts auch in der Linksammlung. Wichtig vielleicht der Hinweis, dass sich gerade die JIBS auf Unternehmertum (die Bibliothek hat hierzu gar die grösste spezialisierte Literatursammlung weltweit) und Internationalisierung spezialisiert hat. Ich glaube dieses Jahr sind es mehrere hundert Studenden aus gegen 60 Ländern hier. Und 95% der schwedischen Studenten an der Uni hier absolvieren im Laufe ihrer Unikarriere mindestens ein Semester im Ausland. Und organisiert sind die hier extrem gut, das war ein bisschen gewöhnungsbedürftig.. ;)

Der erste äusserliche Unterschied zur neuen Pérolles II (Uni Fribourg) stach sofort ins Auge - und zwar in Sachen Form und Farbe. Nicht eckig und grau sondern architektonisch anregend und bunt. Das Weiss der (in einem Halbkreis gebauten) JIBS als Hort der Ökonomie strahlt eine dem Verhalten einiger Topmanager nicht gerade entsprechende Unschuld aus. Gelb hingegen die Schule der Ingenieure, rot die Bibliothek und imposant mit Glas auftrumpfend die Schule der Kommunikation. Die vierte Hochschule in diesem Bunde wäre noch die Hochschule für Gesundheitswesen (health science), die jedoch abseits steht und auch ausschaut wie ein Spital.

Wow, wird ja ganz interessant, mein emotional gefärbter Blogeintrag hier.. ;)

Also ich fühlte mich in der neuen Umgebung sofort wohl. Nur der Kaffee ist hässlich. Aber da ich ohnehin keinen Kaffee trinke basiert diese Aussage nur auf dem Zitieren von Mitstudies. Hiermit ist auch kein Vergleich in Sachen Kaffee zu Fribourg möglich, da ich auch da keinen Kaffee trinke. Unterschiede gibt es dennoch - nicht nur dass ich bisher keine wirkliche Mensa gefunden habe. Dafür Cafeterias überall. Mit Sandwiches, die zu einem grossen Teil aus Fischzeugs oder Shrimps bestehen und vom Nährgehalt her einem Dürüm aus dem Oktay Market entsprechen.

Was den Ablauf des Studiums ansich betrifft (Themawechsel; wer mag schon seitenlang Texte über Ex- und Interieur von universitären Institutionen wälzen?) gibt es hier auch einige Unterschiede. Wichtigster: Keine Ferien. Jep, wir haben keine Ferien. Alter Schwede, die haben Uni von Januar bis Juni ohne Pause, eingeteilt in zwei Quartale. In diesen zwei Quartalen haben Mattü und ich je zwei Vorlesungen gewählt - "International Marketing" und "English in Business and Society". Sowie den Bonus "Swedish I". Tönt nach wenig, ist aber vom Aufwand her mehr als ein druchschnittliches Jahr in Fribourg, hehe. Hausaufgaben, Präsentationen, Project Assignments und Anwesenheitspflicht. Sowas kennt man in Fribourg nur aus Hauptseminaren. Für den Lerneffekt förderlich, angesichts des vollen Party-Kalenders eines Austauschstudenten mit dicken Augenringen und schweren Augenlidern verbunden. Übrigens, auch hier in Jönköping ist der Mittwoch der Ausgangstag für die Studenten - im unieigenen Club mit moderaten Preisen. Im Gegensatz zu Fribourg steht aber auch am Wochenende einiges an, für viele wäre es halt auch ein weiter Weg nach Hause so übers Wochenende..

Nun, ich schweife ab - von Uni zu Party. Da sieht man nun die emotionale Bindung, welche ich zur Uni aufgebaut habe. :D
Jedenfalls wird wohl Mättu bald mal seinen ersten Schritt in Richtung unseres Blogs wagen und einen Eintrag betreffend Parties machen - mit dem Versprechen den von vielen mit ausreichend Ausrufezeichen angereicherten Bitten nach Bildern zu entsprechen. Ich mag komplizierte Sätze.

Eine kurze Bilanz nach drei Wochen Jönköping und JIBS: grandios, fabelhaft, kväll! Wir werden in naher Zukunft die Energie vermehrt aus den Tanzbeinen in Richtung Denkorgan transferieren müssen, aber nur schon diese drei Wochen bisher wären einen solchen Austausch wert gewesen. Und wir haben noch einiges vor uns. Und ihr seid dabei. Hier. Jetzt. Überall. Kväll.


Impressionen:



Und noch 3 Bilder: Die JIBS, gespiegelt in der Kummuikationsschule, ein Sonnenuntergang durch den Glasbau sowie der bunte Campus.


UL

Sonntag, Januar 29, 2006

Impressionen Gräshagen I

Nach dem Rede- respektive Schreibeschwall in den letzen beiden Einträgen soll dem Auge auch mal eine Pause gegönnt werden, während der Inhalt für das Hirn von vorgekauter Nahrung zu selbstinterpretativen Kost übergeht. Ein knapper Kommentar zu den Bildern soll das verwildern verhindern. Also kurz umreissen was es zu sehen gibt. Jawohl.


Eine Sammlung skandinavischen Bieres, welche wir uns NUR zur Dekaoration in unserem noch von weisser Farbgebung dominierten Appartement zugelegt haben.


Ein Teil von Austauschstudentinnen, die ebenfalls in Gräshagen leben. Brasilien, Mexiko, Tschechien und Singapur ist auf diesem Bild vertreten. Die Namen sind noch Gegenstand des auswendig lernens. ;)


Und ein Foto auf die andere Seite - weitere Studis aus Holland und Österreich.


Auf einem Rundgang rund um das Studiheim an einem lazy sunday afternoon.

Jönköping am See.


Hier wohnt der Nikolaus.


Sicht auf die Stadt. Von einem Baum versperrt.

UL

Das Erwachen | Sonntag (Söndag), 15. Januar 2006

Wetter: bedeckt und kalt. So um die 0 Grad.

Nach 18 Stunden Schlaf und 2 Stunden Erwachen denke ich nach einem kurzen Auspacken und Einrichten, ein Spaziergang rund um den Block wäre ungefähr das wonach mein noch schlummernder Geist zu schreien scheint. Was als viertelstündiger Spaziergang beabsichtigt war, endet in einem fast dreistündigen Herumwandern, mitunter einem Besuch an der Uni, wo ich noch den verlegten Zettel ersetze, auf dem die Daten der Parties der nächsten Woche vermerkt sind. Das wichtigste für die kommende Woche habe ich also wieder. Und auch schon was zu Essen! Denn auf dem Weg durch die Stadt konnte ich feststellen dass es hier auch am Sonntag offene Supermärkte hat. In so einem habe ich mich dann auch von einer Eingeborenen beraten lassen in Sachen Milch, da ich von der Skandinavienreise 2002 her noch wusste, dass die Schweden-Grüsel so saure Milch haben. Jetzt weiss ich welche Milch trinkbar ist. Und wie schwer so eine Einkaufstüte werden kann wenn man sie von Väster nach Gräshagen trägt. Es sollte ja ein Spaziergang werden, keine Bus-Sightseeing-Fahrt..
So, um 20.00 Uhr (also gleich) ist das erste Treffen im Studiheim mit der Verantwortlichen sowie einigen der neuen Studis hier. Bin ja gespannt wer da alles auftaucht. Und ob wir in Zukunft in unserer Bude jeden Sonntag Abend einen Pokerabend veranstalten dürfen.

UL

Die Reise in den Norden | Samstag (Lördag), 14. Januar

Wetter:
Zürich: Nebel, kalt, leichter Schneefall auf der Rollbahn
Kopenhagen: Keine Ahnung, drinnen wars schön warm
Jönköping: noch hell, aber bedeckt und kalt.


Um 4.39 fährt der Thurbo ab Gossau. Darin einige Seelen, welche wohl eine gewisse Immunität gegen die Plakate „schau zu Dir und nicht zu tief ins Glas“-Plakte entwickelt haben. Eine Dreiergruppe Alternative, frisch aus der Grabenhalle entlassen, versichern mir dass der Zug am Flughafen hält.

Dort taucht nicht nur Mättu mit einem Ungetüm von Koffer und seinem Snowboard auf, sondern auch Ken und Robin. Nach einem Kaffee, einem Schokigipfeli und einer Zigarette gehts zum Einchecken und damit zum ersten Adrenalinschub des Tages. Mein Koffer mochte mit 25kg gerade noch schlüpfen, Mättus 45kg Monster mit seinem Kollege Snowboard brachte trotz Sperrgutbonus 28kg zuviel mit. Bei 10 Euro pro kg zuviel einige Biere die da verflossen..



Ken und Robin

Mättus 45kg Koffer sorgt für Action.

Entspannung im Flugzeug mit Morgensonne


Nach der Ankunft in Kopenhagen um 09.00 merkt Mättu dass er sein Portemonnaie im Flieger liegen gelassen hat. Er sucht danach, ich schreibe das hier. Er hat es gerade wieder. Muss los.




Schlafen am Flughafen in Kopenhagen ist ansich das Ziel beider, nachdem wir den ersten dänischen Fisch verspiesen haben (Sandwiches), doch sind entsprechende Schlafstellen nicht vorhanden oder unbequem. Und auch wenn das Sprechen von englischen Sätzen bei den Dänen klingt als würden sie singen, überwogen die Folgen einer durchgemachten Nacht dennoch den Unternehmensdrang und so warten wir sitzend auf das Boarding.



Nicht ganz sicher sind wir ein bisschen später, als wir auf einen Bus losgelassen werden, weshalb ich einen pummeligen Herren in wichtig leuchtender Weste frage: "Does this flight go to Jönköping?" worauf dieser kontert: "This is no flight, this is a bus." Die Dänen sind entweder dänen oder lustig. Oder beides.



Der kurze Hüpfer nach Jönköping verschlafen wir beide, doch wach werden wir bald wieder als wir auf dem enorm kleinen Flughafen landen, der ausschaut als stände er in einer verlassenen Ecke in Sibirien. Unser Flug ist der einzige (oder nur der letzte – um 13.00 Uhr?) an diesem Tag und nach dem wir den Flughafen verlassen haben wird dieser auch geschlossen. Doch zuvor trumpft unser Mättu "mein Koffer ist zu schwer und ich verhänge meine Geldbörse im Flieger" Gerber nochmals auf: Sein Koffer ist nicht unter all den anderen. Mit "anderen" ist eine Gruppe von jungen Menschen gemeint, die alle so ausschauen als könnten sie ebenfalls Austauschstudenten sein. Bis auf einen Südafrikaner finden diese auch ihre Koffer und verschwinden an die Uni mit dem Pickup-Service. Mättu, Ion McLuckie (der genannte aus Südafrike, der seinen Koffer ebenfalls nicht findet) und ich warten darauf alleine an dem verlassenen Flughafen. Wir werden dann doch noch abgeholt und an die Uni gekarrt nachdem die zwei Gepäcklosen am Infoschalter des Flughafens die Situation klärten.

Die nächste Station nach dem Empfangskomitte an der Uni ist unsere neue Wohnung. Doch wir haben nur kurz Zeit, uns einzurichten. Denn einerseits muss Mättu um 18.00 Uhr am Bahnhof sein um nach 13stündiger Fahrt in sein Snowboard-Camp zu kommen (wo die SAS auch seinen Koffer hinschicken sollte), andererseits haben wir zu diesem Zeitpunkt den dänischenn Fisch so weit verdaut, als das er das Hungergefühl nicht weiter unterdrücken kann. Wir finden einen französisch sprechenden Türken, der eine Pizzeria betreibt, die gute und preiswerte Pizzas anbietet. Und Döner. Und eine Treuekarte – da fühlt man sich doch gleich wie zu Hause.

Nicht nach sondern mit dem Essen geht es sodann an die Busstation, wo es für einen kleinen Teil der (ungeschnittenen) Pizza reicht, bevor der Bus kommt. Für Mättu geht die Reise in den Norden, für mich ins Appartement und da ins Land der Träume.


UL